Maria Schönbächler: Zurück an der Alma Mater

Seit fünf Monaten ist Maria Schönbächler Professorin für Isotopengeochemie am Institut für Geochemie und Petrologie. Die ehemalige Studentin des Departements Erdwissenschaften bezeichnet ihre Rückkehr nach Zürich als Glücksfall.

Das Interview mit Maria Schönbächler führte Gabrielle Attinger.

Frau Schönbächler, wie gefällt es Ihnen, an Ihrer Alma Mater zurück zu sein?

Sehr gut! Ja, ich habe hier studiert und war dann rund neun Jahre im Ausland, in den USA und in England, in Manchester. Und jetzt bin ich zurück. Vieles ist noch ganz bekannt, vieles aber auch ganz neu für mich.

Welches waren die Alternativen zu Zürich?

Meine feste Stelle als Reader an der Universität Manchester. Ich war dort auch schon sehr gut verankert. Doch es ist schön, hierher zurückzukommen: Die ETH ist ein Top-Forschungsinstitut und bietet Möglichkeiten, die anders wo nicht bestehen.

Sie sprechen von den Möglichkeiten finanzieller Art?

Ja, das auch, aber vor allem profitiert man hier von einer ungeheuren Ballung an Wissen und Infrastruktur. Es gibt so viele Gebiete, in denen auf enorm hohem Niveau geforscht wird und damit viele Möglichkeiten innerhalb der ETH zur Zusammenarbeit. Grund dafür ist natürlich, dass die ETH viel in Top-Leute investiert.

Wie hat sich der Umzug gestaltet?

Ich konnte eine möblierte Wohnung der ETH beziehen, das ist sehr praktisch. Da kann ich ein Jahr lang bleiben. So musste ich nicht gleich alles neu kaufen, denn mein Partner wohnt noch immer in Manchester in unserem gemeinsamen Haus.

Hat das Semester schon einen Einfluss auf deine Arbeit?

Im Oktober beginne ich mit meiner ersten Vorlesung über Mantelgeochemie.

Haben Sie diese Vorlesung schon in Manchester gehalten?

Nein, dort ging es mehr um die planetare Geochemie, wie sich das Sonnensystem gebildet hat.

Sind sie gerne in der Lehre tätig?

Ich finde es sehr wichtig, dass man den Studierenden das eigene Gebiet näher bringen kann und sieht, ob und wie es interessiert. Ausserdem frische ich so Grundstoff für mich auf.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Departement? Ist es eine grosse Umstellung zu Manchester?

Die Struktur ist anders.

Ist sie flacher oder hierarchischer?

Beides. In Manchester unterscheidet man innerhalb des Departements nicht sosehr zwischen Mittelbau und Professoren, wie dies hier gemacht wird. So sitzen alle im selben Boot und die Karriereleiter geht vom Lecturer über den Senior Lecturer, Reader nahtlos zum Professor über. Das Gremium, das die Entscheidungen trifft, ist dementsprechend gross.

Andererseits wird in England relativ viel von aussen her diktiert – von der Universitätsleitung, der Regierung und Privatwirtschaft. Die Bilanz muss immer stimmen. Das beginnt schon bei den Studierenden – Lehre muss sich rentieren. Querdenken oder Dinge auszuprobieren, die auf den ersten Blick nicht besonders lukrativ erscheinen, ist unter diesen Umständen eher schwierig.

Und wie ist es bei der Infrastruktur?

Auch die IT und Verwaltung wird für die ganze Universität einheitlich gehandhabt. Die Ansprüche der einzelnen Forschungszweige unterscheiden sich aber stark. Dem müsste man Rechnung tragen. Gewisse Forschungsbereiche bleiben auf der Strecke, wenn marktwirtschaftliche Kriterien vorherrschen.

Mit wem arbeiten Sie am engsten zusammen?

Mit Rainer Wieler und Personen seiner Gruppe.

Und woran arbeiten Sie gerade?

Maria Schönbächler: An einem Artikel über ein Projekt, das ich bereits in Manchester in Angriff genommen habe. Es geht darum, die Zusammensetzung von kleinen Himmelskörpern, den Asteroiden zu bestimmen. Dazu können wir Eisenmeteoriten im Labor untersuchen, die von Kernen dieser Himmelskörper stammen.

Woher wissen Sie, dass es sich um Kernstücke handelt?

Die Zusammensetzung entspricht genau den Voraussagen (Fe-Ni Metall), die wir aufgrund von Modellen haben.

Woher stammen die Meteorite? Suchen Sie die selber zusammen?

Nein, das haben schon andere gemacht. Ich beziehe sie aus Sammlungen, die über Jahrzehnte entstanden sind sowie aus den Funden aus der Antarktis und grossen Wüsten, wo man auch heute noch auf Expeditionen Meteoriten sammelt. Diese Exemplare werden mir ausgeliehen. Für mein Projekt habe ich vor allem Exemplare aus dem Naturhistorischen Museum in London bezogen.

Welches sind die wichtigsten auswärtigen Kontakte?

Immer noch die Universität Manchester und das Imperial College London sowie Personen an der Carnegie Institution Washington, DC.

Was ist ihr nächstes Projekt?

Ich habe gerade vom European Research Council ein Projekt bewilligt bekommen, das im weitesten Sinne mit dem Ursprung des Wassers auf der Erde zu tun hat und sehr spannend wird.

Arbeiten Sie lieber an der Modellierung, im Labor oder auf Expeditionen?

Ich würde gerne alles machen. Schon als Studentin mochte ich die Feldarbeit sehr. Jetzt arbeite ich in einem Gebiet, in dem Feldarbeit nicht zuvorderst steht.

Sie haben keine eigene Gruppe aus Manchester mitgebracht?

Ein ehemaliger Doktorand wird hierher wechseln. Die anderen sind in Manchester zu sehr verwurzelt. Die Gruppe war aber auch nicht sehr gross: In England wird man zwar für die eigene Arbeit bezahlt und die Infrastruktur wird zur Verfügung gestellt, doch für Mitarbeiter und Instrumente muss man eigenes Geld einwerben. Das ist der ganz grosse Vorteil der ETH: Wir sind nicht so sehr vom Fundingsschwankungen abhängig.

Jetzt bauen Sie sich eine Gruppe auf?

Ja, genau. Damit ich in meinem Gebiet weiter forschen kann.

Und was nützt Ihre Forschung der Welt?

Die Menschheit war schon immer an Grundsatzfragen interessiert, wie sich das Sonnensystem gebildet hat, wie die Erde und der Mensch da hinein passen, Fragen, die letztendlich bis ins Philosophische gehen. Als Werkzeug brauchen wir die analytische Chemie, hochpräzise Analysen von Isotopenzusammensetzungen. Dieses Wissen dient der Medizin, der Klimaforschung und auch der Rohstoffgewinnung.

Wo verbringen Sie Ihre Freizeit?

Ich gehe sehr gerne in die Berge und ich will wieder mehr Sport treiben, zum Beispiel reiten wie früher.

Die Gruppe der Planetaren Geochemie von Maria Schönbächler befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems und insbesondere unseres Planeten Erde. Dies umfasst Prozesse, die sich vor, während und nach der Bildung der Erde zugetragen haben, einschliesslich der frühesten Entwicklungsstufen der Erde wie zum Beispiel die Entstehung des Erdkerns, des Mondes oder der ersten Kontinente.

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